Die Streptobacillose, oft auch als Rattenbissfieber bezeichnet, ist eine Zoonose, die durch das Bakterium Streptobacillus moniliformis verursacht wird. Diese Infektion ist zwar selten, kann aber sowohl bei Tieren als auch bei Menschen schwerwiegende Folgen haben. In diesem Artikel untersuchen wir ausführlich die Merkmale dieser Krankheit, die Art der Übertragung, die Symptome bei Mensch und Tier sowie die Methoden zur Diagnose, Behandlung und Vorbeugung.
Welcher Infektionserreger ist verantwortlich?
Das Rattenbissfieber ist eine Zoonose, die durch das Bakterium Streptobacillus moniliformis verursacht wird und durch Bisse oder Kratzer von Ratten auf den Menschen übertragen wird. Eine Variante dieser Krankheit, Sodoku, wird durch Spirillum minus verursacht. Streptobacillus moniliformis ist ein Bakterium, das normalerweise in der Mundhöhle und den oberen Atemwegen von Ratten vorkommt, sich aber auch als opportunistischer Krankheitserreger in seinem Wirt verhalten kann. Beim Menschen ist dieses Bakterium für die Streptobacillose oder das Haverhill-Fieber verantwortlich.
Streptobacillus moniliformis ist ein gramnegativer Bazillus mit einem Durchmesser von 0,1 bis 0,7 µm und einer Länge von 1 bis 5 µm. Dieses Bakterium weist eine variable Morphologie auf und kann eine zentrale Ausbuchtung zeigen. Es ist unbeweglich und gruppiert sich häufig in Ketten und Filamenten. Als kommensales Bakterium der Ratte wird S. moniliformis aus dem Rhinopharynx, Pharynx, der Trachea und dem Mittelohr isoliert. Zwischen 10 und 100 % der Ratten sind gesunde Träger dieses Keims, wobei die Trägerrate aufgrund der schwierigen Isolierung des Keims von Autor zu Autor variiert.
Phänotypisch ist S. moniliformis ein Katalase-, Oxidase-, Indol- und Urease-negatives und fakultativ aero-anaerobes Bakterium. Es fermentiert eine breite Palette von Kohlenhydraten und Alkoholen und produziert dabei Säuren, aber keine Gase. Die Fermentation von Fructose, Maltose, Mannose, Salicin, Lactose, Saccharose, Trehalose und Xylose variiert jedoch je nach Trägermaterial. Das Fettsäureprofil von S. moniliformis zeigt Tetradecansäure (C14:0), Palmitinsäure (C16:0), Stearinsäure (C18:0), Ölsäure (C18:1) und Linolsäure (C18:2).
Die Kultivierung von S. moniliformis erfordert eine feuchte Umgebung oder halbweiche Agarplatten mit Serum, Aszites oder Blut. In einer CO2-angereicherten oder mikroaerophilen Atmosphäre und bei einer Temperatur von 35-37 °C bilden sich nach drei Tagen Kolonien. Die Kolonien sind konvex, gräulich, glatt, kreisförmig und in der Regel nicht hämolytisch.
Wie äußert sich die Krankheit bei Tieren?
Streptobacillose betrifft hauptsächlich Ratten, obwohl auch andere Nagetiere wie Mäuse, Meerschweinchen, Wüstenrennmäuse und Eichhörnchen infiziert werden können. Die geografische Verbreitung von Streptobacillus moniliformis ist weltweit, und die Übertragung der Bakterien erfolgt hauptsächlich durch engen Kontakt oder Biss über den Speichel infizierter Ratten, die die Bakterien häufig in ihrer Mundhöhle tragen.
Bei Ratten und anderen Nagetieren verläuft die Infektion in der Regel inapparent, d. h. die Tiere, die das Bakterium in sich tragen, zeigen oft keine eindeutigen klinischen Anzeichen der Krankheit. In einigen Fällen, vor allem bei Mäusen, können sich jedoch schwere Formen der Krankheit entwickeln. Zu den schweren Symptomen gehören Atemwegsinfektionen, Mittelohrentzündungen, Bindehautentzündungen und Lungenentzündungen, oft in Verbindung mit anderen Krankheitserregern wie Pasteurellen oder Mykoplasmen.
Ratten, die S. moniliformis in sich tragen, spielen eine entscheidende Rolle bei der Ausbreitung der Krankheit auf Menschen und andere Tiere. Sowohl Haus- als auch Wildnager können Reservoirs für die Infektion sein, was ein Risiko für Menschen darstellt, die mit diesen Tieren umgehen, sowie für andere Tiere, die in engem Kontakt mit ihnen stehen. Eichhörnchen sind als Vektoren zwar weniger häufig, können aber ebenfalls eine Rolle bei der Übertragung der Infektion spielen, vor allem in Gebieten, in denen sie mit infizierten Rattenpopulationen in Kontakt kommen.
Das Vorkommen von S. moniliformis bei Nagetieren und anderen infizierten Tieren stellt daher ein bedeutendes Problem für die öffentliche Gesundheit dar, das strenge Präventions- und Kontrollmaßnahmen erfordert, um das Risiko einer Übertragung des Bakteriums auf Menschen und andere Tiere zu minimieren.
Wie wird es übertragen?
Bisse von infizierten Ratten übertragen Streptobacillose hauptsächlich auf den Menschen. Rennmäuse und Eichhörnchen als weitere Wirte des Erregers übertragen die Krankheit jedoch ebenfalls, wenn auch weniger häufig. Durch den Verzehr von Wasser, Milch und Lebensmitteln, die mit Rattenkot verunreinigt sind, kann die Krankheit, die auch als Haverhill-Fieber bekannt ist, ebenfalls übertragen werden.
Ratten tragen besonders Streptobacillus moniliformis in ihrem Rachenraum. Das Bakterium findet sich auch in Blutkulturen oder Gelenk- und Hautexsudaten von infizierten Menschen. Ein Rattenbiss oder der einfache Kontakt mit einer Ratte führt in der Regel zu einer Streptobacillose. Weniger häufig wird die Infektion auch durch den Biss oder die Kratzer anderer Nagetiere wie Rennmäuse oder Mäuse übertragen.
Das Bakterium ist kosmopolitisch und infiziert verschiedene Arten, von der Ratte über die Maus, das Meerschweinchen und den Primaten bis hin zum Menschen. Die direkte Übertragung erfolgt durch Kontakt mit Mund-, Nasen- und Augensekreten sowie durch Bisse von infizierten Ratten. Eine indirekte Übertragung kann auch durch den Verzehr von Lebensmitteln und Wasser erfolgen, die mit Rattenkot verunreinigt sind. Das Infektionsrisiko nach einem Biss liegt bei etwa 10 %.
Es wurden mehrere Ausbrüche verzeichnet, an denen Hunderte von Menschen beteiligt waren, die mit Wasser, Milchprodukten oder Lebensmitteln in Berührung kamen, die mit Rattenkot verunreinigt waren. Zu den gefährdeten beruflichen Tätigkeiten gehören Mitarbeiter von Zoohandlungen für Heimtiere und Forschungszwecke, Züchter, Tierärzte und Rattenbekämpfungspersonal sowie Kanalarbeiter. Präventionsmaßnahmen sind daher für diese Hochrisikogruppen von entscheidender Bedeutung.
Welche Symptome hat diese Infektion beim Menschen?
Beim Menschen treten die Symptome der Streptobacillose in der Regel 2 bis 7 Tage nach dem Biss einer Ratte auf. Das Fieber (bis zu 40 °C) tritt früh und abrupt auf, gefolgt von Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Die Infektion führt auch zum Auftreten eines morbilliformen oder purpurartigen Exanthems an den Extremitäten, insbesondere an den Handflächen und Fußsohlen, sowie manchmal zu hämorrhagischen, schuppenden Bläschen.
Es treten migrierende Polyarthralgien auf, die häufig die Bewegung einschränken. Der Biss heilt schnell ab, aber in seltenen Fällen können schwere Komplikationen auftreten, wie Endokarditis, Perikarditis, Myokarditis, Durchfall und Nieren- und Leberschäden. Das streptobazilläre Rattenbissfieber wird hauptsächlich durch den gramnegativen pleomorphen Bazillus S. moniliformis verursacht.
Ausbrüche, die durch den Verzehr von nicht pasteurisierter Milch, die mit S. moniliformis kontaminiert ist, entstehen, werden als Haverhill-Fieber bezeichnet. In der Regel verursacht ein Biss von wilden Ratten oder Mäusen die Infektion, obwohl auch andere Nagetiere und Wiesel die Krankheit übertragen können. Die ursprüngliche Bisswunde heilt schnell, aber nach einer Inkubationszeit von 1 bis 22 Tagen (normalerweise < 10 Tage) tritt ein akutes virales Syndrom mit Schüttelfrost, Fieber, Erbrechen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und Arthralgien auf.
Die meisten Patienten entwickeln etwa 3 Tage später einen morbilliformen, petechialen Ausschlag an Händen und Füßen. Polyarthralgien oder migrierende septische Arthritis treten bei vielen Patienten auf und können unbehandelt mehrere Tage oder Monate lang anhalten. Das Fieber kann wiederkehren und tritt unregelmäßig im Laufe von Wochen bis Monaten auf. Zu den seltenen, aber schwerwiegenden Komplikationen gehören bakterielle Endokarditis, Hirnabszesse und Fruchtwasserinfektionen.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Diagnose der Streptobazillose beruht auf mehreren Techniken. Die Isolierung des Keims aus Blut (Blutkultur) oder Synovialflüssigkeit ist eine gängige Methode, obwohl sie aufgrund der komplexen Kultur von Streptobacillus moniliformis schwierig durchzuführen ist.
Ärzte bevorzugen ab dem 10. Tag serologische Diagnoseverfahren, die den Hämagglutinationstest auf einem Objektträger einschließen. Methoden wie der ELISA (enzyme-linked immunosorbent assay) oder derIFA (indirect immunofluorescence assay) ermöglichen die Identifizierung bei Labortieren, stehen aber nicht für die Diagnose beim Menschen zur Verfügung.
Die Diagnose beruht auch auf der direkten Untersuchung von Gelenkflüssigkeiten,Blutkulturen und PCR. Die Diagnose der Streptobazillose bleibt daher schwierig und die Zahl der Fälle wird wahrscheinlich unterschätzt. Zu den klinischen Anzeichen von Rattenbissfieber gehören ein makulopapulöser, petechialer oder purpurartiger Hautausschlag und hämorrhagische Bläschen, vor allem an Händen und Füßen.
Zu den Differentialdiagnosen gehören Sodoku(Fieber durch S. minus) und verschiedene bakterielle und virale Infektionen wie Lyme-Borreliose, Leptospirose, Brucellose und Rocky-Mountain-Purpurfieber. Die Differenzialdiagnose ist wichtig, um diese Krankheiten voneinander zu unterscheiden und die richtige Behandlung anzuwenden.
Welche Behandlung ist geeignet?
Die Behandlung der Streptobazillose erfolgt in erster Linie mit Antibiotika. Eine Antibiotikatherapie mit Penicillin G über 10 bis 14 Tage führt zu hervorragenden Ergebnissen. Bei Resistenzen kombinieren die Ärzte Streptomycin mit Penicillin. Bei Patienten, die allergisch auf Penicillin reagieren, setzen sie Tetracyclin oder Doxycyclin ein. Die Behandlung umfasst auch die Vermeidung von direktem oder indirektem Kontakt mit Wirtstieren und die lokale Behandlung von Wunden.
Die Behandlung des streptobazillären Rattenbissfiebers und des Spirillarfiebers erfordert eine 14-tägige Antibiotikatherapie. Die Behandlung beginnt mit einem IV-Antibiotikum für 6 bis 7 Tage und geht dann zu einem oralen Antibiotikum über. Häufig verwendete IV-Antibiotika sind Penicillin G (200 000 Einheiten IV alle 4 Stunden) und Ceftriaxon (2 g 1-mal/Tag).
Nach 6 oder 7 Tagen werden die Patienten auf ein orales Antibiotikum umgestellt. Man verwendetAmoxicillin (500 mg 3-mal/Tag),Ampicillin (500 mg 4-mal/Tag) oder Penicillin V (500 mg 4-mal/Tag). Bei einer Penicillin-Allergie hat sich Doxycyclin (100 mg alle 12 Stunden über 14 Tage) als wirksam erwiesen. Patienten mitEndokarditis erhalten hohe Dosen von Penicillin G. Dieses wird vier Wochen lang mit Streptomycin oder Gentamicin kombiniert.
Welche Möglichkeiten der Vorbeugung gibt es?
Die Prävention der Streptobacillose beruht auf mehreren kollektiven, individuellen und beruflichen Maßnahmen, die das Risiko eines Kontakts mit Streptobacillus moniliformis verringern sollen. In Zuchtbetrieben und Zoohandlungen ist es von entscheidender Bedeutung, das Risiko eines Kontakts zwischen gezüchteten und wilden Nagern zu verhindern. Die Arten sollten getrennt werden, um eine Kreuzübertragung des Bakteriums zu verhindern.
Für Einzelpersonen, insbesondere solche, die in engem Kontakt mit Nagetieren arbeiten, sind mehrereallgemeine Hygiene- und Schutzmaßnahmen erforderlich:
- Bekämpfung der Anwesenheit von R atten: Regelmäßige Rattenbekämpfung ist unerlässlich und es muss verhindert werden, dass Ratten angelockt werden, indem Futterdepots beseitigt und die Räume sauber und unbelastet gehalten werden.
- Schulung und Information der Beschäftigten: Die Mitarbeiter sollten über die Risiken der Streptobacillose informiert und in Präventionsmaßnahmen geschult werden. Dazu gehören die korrekte Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung und die Verfahren für den Umgang mit Nagetieren.
- Persönliche Schutzausrüstung: Es wird empfohlen, beim Umgang mit Nagern, Käfigen, Einstreu, Ausscheidungen und Kadavern widerstandsfähige Handschuhe zu tragen. Geeignete Arbeitskleidung, die gut gepflegt wird und sich von Straßenkleidung unterscheidet, sollte verwendet werden, um eine Kreuzkontamination zu vermeiden.
Die individuellen Hygienemaßnahmen umfassen :
- Händewaschen: nach jedem Kontakt mit Tieren, vor den Mahlzeiten, nach den Pausen und am Ende des Arbeitstages.
- Wundbehandlung: AlleWunden waschen, einseifen und ausspülen, dann desinfizieren und mit einem undurchlässigen Verband abdecken.
- Pflege der Arbeitskleidung: Arbeitskleidung, Handschuhe und Stiefel regelmäßig reinigen und am Ende des Arbeitstages die Kleidung wechseln.
Diese Präventionsmaßnahmen sind entscheidend, um die Ausbreitung von Streptobacillus moniliformis einzudämmen und sowohl die Gesundheit von Mensch als auch Tier zu schützen.
Einige epidemiologische Daten
Die Behörden betrachten Streptobacillose nicht als eine Tierkrankheit, die als ansteckend gilt. Die Streptobacillose gehört nicht zu den meldepflichtigen Tierkrankheiten. Die Verantwortlichen melden Fälle nicht systematisch an die Gesundheitsbehörden.
Im öffentlichen Gesundheitswesen stufen die Behörden die Streptobacillose nicht als meldepflichtige Humankrankheit ein. Dadurch kann die tatsächliche Zahl der Fälle unterschätzt werden. Die Krankheit ist bislang nicht in einer Berufskrankheitenliste aufgeführt. Die Vorschriften stufen Streptobacillus moniliformis gemäß R.4421-3 des Arbeitsgesetzes in die Gefahrengruppe 2 ein.
Streptobacillus moniliformis kommt auf der ganzen Welt vor und infiziert verschiedene Arten, darunter Ratten, Mäuse, Meerschweinchen und Primaten. Die weltweite Verbreitung dieses Bakteriums unterstreicht die Notwendigkeit universeller Präventionsmaßnahmen.
Die Forscher analysierten die verschiedenen Stämme von S. moniliformis mithilfe der SDS-PAGE-Technik, wobei sie keine nennenswerten Unterschiede zwischen ihnen feststellten. Mehrere bemerkenswerte Infektionsepisoden umfassen :
- Im Jahr 1925 verunreinigte Rattenkot Wasser oder Lebensmittel und infizierte 400 Menschen in Chester (USA).
- 1926 infizierten verunreinigte Milchprodukte 86 Menschen in Haverhill (USA).
- 1983 infizierte verunreinigtes Wasser 304 Menschen in der Umgebung der Schule Chelmsford (England).
Diese Ausbrüche zeigen, dass Streptobacillus moniliformis schwere Infektionen verursachen kann, wenn er Wasser- oder Nahrungsquellen verunreinigt. Die Prävention solcher Ausbrüche hängt von einem rigorosen Hygienemanagement und der Kontrolle von Nagetieren ab.